Dmexco
Ganzheitliche Bewegtbildplanung: So ergänzen sich lineares TV, ATV und CTV
Die Vorteile von linearem Fernsehen werden kombiniert mit neuen, digitalen Lösungen. Für den Werbemarkt heißt das: Klassische Werte werden digitaler – und der Gewinner ist der Zuschauer.

Großes Panel auf der Dmexco-Stage: CTV und ATV - what's new, what's next? Bild: Wolfgang Hüffer.
Connected TV (CTV), Adressable TV (ATV) und digital Video stehen bei den Werbungtreibenden derzeit ganz weit oben auf der Agenda. Kein Wunder, denn die Kombination aus klassischem TV mit seinen hohen Reichweiten mit den digitalen Möglichkeiten der neuen, technologiebasierten Lösungen, bringt das Beste aus zwei Welten zusammen. Auf der Future TV Stage auf der Dmexco sprachen Andrea Zenner, Essence Mediacom, Thomas Servatius, smartclip, Kai Ladwig, Visoon, Thomas Peruzzi, Virtual Minds und Bernd Hülsmann, Wavemaker darüber, welche Bedeutung das für den deutschen Werbemarkt hat.
Targeting, First Party Data, Kontaktoptimierung
„Für große Werbungtreibende ist ATV ein taktisches Element – für regionale Kunden ein wichtiges Medium, um auch im klassischen TV stattzufinden“, sagte Media-Expertin Andrea Zenner. Die Vorteile: Targeting, First Party Data, Kontaktoptimierung. Bernd Hülsmann sieht in ATV einen „wichtigen Baustein in einer ganzheitlichen Bewegtbildplanung: Wir kombinieren das Beste aus zwei Welten; hohe Reichweiten des linearen TV und dazu die digitale Ausspielung sowie die hervorragende Kontaktklassenoptimierung. Für viele Kunden ist das im Rahmen ihrer Bewegtbildkampagnen eine echte Bereicherung.“
Kai Ladwig findet es „beeindruckend, was durch Daten heute alles möglich ist. Eine Herausforderung dabei sei es nun, die inkrementelle Reichweite darzustellen und dafür einen marktgerechten Weg zu finden – ohne Silos.
Lean Back Moment und Abstrahleffekte
Für Thomas Peruzzi ermöglichen die neuen Technologien, dass klassische Fernsehwerbung digital wird – und klassische Werte aus dem TV wie der berühmte „Lean Back Moment und positive Abstrahleffekte jetzt digital ermöglicht werden.“
Thomas Servatius sieht darin die Herausforderung, dass die Ausspielung in verschiedenen TV-Distributionskanälen häufig noch in Silos stattfinde: „Wir wollen dieses Silo auflösen, mit übergreifender Nutzungsmessung über alle Kanäle hinweg: Wer hat CTV geguckt, wer ATV, wer linear – und wo gibt es Duplizierungen?“ Eine gemeinsame Nutzung der Plattform The Adex als Identitätslösung sei dabei ein wichtiger Schritt. Dabei hilft auch die Initiative AdTech Made in Europe. „Wir möchten den Zugang zu Inventaren so komfortabel und einfach wie möglich gestalten und es sollte keine großen Umbrüche geben, ob man bei RTL, ProSieben oder woanders buchen will“, sagte Peruzzi.
Partnerschaft und Kooperationen
Partnerschaften wie diese sind wichtig, findet auch Hülsmann: „Das ist strategisch der richtige Schritt. Der Markt ist fragmentiert, es gibt keine ganzheitliche Währung. Wir müssen schauen, wie wir Inventar und technische Lösungen für eine höhere Relevanz für die Kampagnenplanung bündeln.“ Denn die hohen Reichweiten von TV gepaart mit den Möglichkeiten der zielgerichteten Adressierung durch neue Technologien – das ist es, was für Werbetreibende wichtig ist. „Digital machbar machen von klassischen Werten“ nennt es Servatius. Jetzt gehe es um „konkrete, greifbare Mehrwerte“, die Technologie sei „sehr weite vorne“, die Umsetzung dynamisch.
Thema im Panel war auch Künstliche Intelligenz. Bei Virtual Minds hilft KI etwa beim Thema Forecasting, besseren Measurementlogiken und Unterstützungssystemen im Aufbau von Kampagnen. „Ich sehe den Segen von KI darin, dass man viel stärker anynomisierte Daten zu vernünftigen Audience Modellen führen kann“, sagte Servatius. „Paneldaten sind ein toller Ansatz, um anonymisierten Nutzern eine Wahrscheinlichkeit einer Zielgruppenzugehörigkeit zu geben, dafür benutzen wir maschinelles Learning.“ Dazu komme der Aspekt der Nachhaltigkeit: „Im programmatischen Ökosystem gibt es eine hohe Ineffizienz: Es gibt viele Transaktionen, die am Ende nicht zu Werbeeinblendungen führen, das verschwendet viel Energie.“ smartclip arbeitet an einem großen Projekt, das solche Transaktionen unterbinden soll.
CTV als Motor für die Jungen
Und was macht CTV für Advertiser spannend? Hülsmann findet: „Um junge Zielgruppen anzusprechen, brauchen wir CTV und AVOD, um deren Nutzung mit Werbemöglichkeiten zu folgen. Es gibt so viele Devices, Kanäle, Publisher und Sender. Der Gewinner ist der Zuschauer. Denn alle, die vor dem Big Screen sitzen, haben heute ein Nutzungserlebnis, das es so noch nicht gab. Und das ist eine schöne Grundlage auch für den Werbekontakt.“
Um zu zeigen, wie das Thema in der Praxis umgesetzt wird, hatte Zenner einen spannenden Case im Gepäck: Deutschlands größter Heizungsinstallateur Thermondo stand vor der Herausforderung, dass Angebot nicht überall gleichermaßen wichtig ist – es kam also auf eine regionale Aussteuerung an. Die Umsetzung: In einer zehnwöchigen TV-Kampagne wurden per datenbasiertem Ansatz nationale TV-Messdaten mit den Kundendaten zum regionalen Businesspotenzial kombiniert. Fehlende TV-Reichweite in Gebieten mit hohem Potenzial wurde durch Onlinevideo-Platzierungen auf Postleitzahl-Ebene kompensiert, parallel und in Echtzeit. Ergebnis: Die Suchanfragen im Web, die durch die TV-Spots ausgelöst wurden, stiegen um 198 Prozent, die Markenbekanntheit wuchs von 5 auf 12 Prozent, es wurden 7,5 Mio. Brutto-Kampagnenkontakte und 67 Prozent Netto Reichweite in der Zielgruppe geschaffen sowie 23 Prozent mehr Leads im Abverkauf. Ein gutes Beispiel, wie sich durch die geschickte Kombination aller Möglichkeiten mehr erreichen lässt.
Die Panelteilnehmer sind sich sicher: Die Reise wird weitergehen, und die Welten verschmelzen immer stärker. Zuschauer – egal, ob sie einen Spot über ATV, CTV oder das klassische Fernsehen sehen – säßen schließlich am Ende immer auf derselben Couch. „Irgendwann geht es einfach um Bewegtbild auf dem Big Screen.“