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„Real Beauty stays“: Warum TV seine Magie nicht verliert

 

Wozu lineares TV, wenn es jederzeit Zugang zu personalisiertem Content gibt? Weil das Fernsehen Vorzüge hat, die kein anderes Medium bieten kann. Und die auch in einer individualisierten Welt bestehen bleiben. 

 

 

Die vergangenen Jahrzehnte sind geprägt von einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel: Die Menschen streben nach Unabhängigkeit, sie möchten sich weniger festlegen, und ihr eigenes Glück schmieden. Ob es die zunehmende Zahl an Austritten aus Vereinen oder der Kirche ist, Altersvorsorge oder das eigene Kraftwerk am Balkon: „Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen von bestehenden Strukturen unabhängig sein wollen“, erklärte Markus Küppers, Partner des Marktforschungsinstituts September Strategie & Forschung, auf dem Screenforce Expertenforum im November. 

 

Dazukommt ein weiterer gesellschaftlicher Megatrend: Individualisierung. „Die Menschen sind nicht mehr zufrieden mit dem, was alle haben, jeder will für sich etwas Maßgeschneidertes“, sagte Küppers. Das zeigt sich zum Beispiel beim Essen: Viele Menschen haben dafür keine festen Zeiten mehr und möchten sich ihr Angebot im Restaurant selbst zusammenstellen. Was diese Trends mit den traditionellen Strukturen von Linear-TV zu tun haben? Einiges!, sagte Forscher Küppers in seinem Vortrag auf dem Expertenforum. Und zeigte dabei, warum das lineare Fernsehen trotz Megatrends seine Relevanz auch weiterhin behalten wird.  

 

The Beauty of TV!

 

Das Fernsehen hat in Zeiten von Unabhängigkeit und Individualisierung zwar nicht immer einen leichten Stand. Dafür hat es aber einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Medien: den Zauber von Geborgenheit und Zugehörigkeit. „Das Gefühl, dass alle gemeinsam etwas anschauen und dadurch zusammen etwas erleben, schafft eine emotionale Verbindung. Und dieses Gefühl hat man alleine vor dem Bildschirm nicht. Das ist ‚The Beauty of TV‘.“ 

 

Während Streaming-Dienste auf Individualität setzen, bietet das Fernsehen also ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Großereignisse wie Olympia oder nationale Events schaffen kollektive Erlebnisse, die uns verbinden. Fernsehen erzeugt mehr als nur Unterhaltung – es kreiert Momente, die die Menschen berühren. Und diese Magie entsteht nicht allein durch Content, sondern durch die Art und Weise, wie er erlebt wird.

 

FOMO im linearen TV

 

Das seien Assets, auf die das Fernsehen künftig setzen muss, erklärte Markus Küppers. Dazu gehört auch die Spannung, die entsteht, wenn man bei der klassischen TV-Nutzung etwas verpassen könnte – ein Gefühl, das Streaming nicht bieten kann. Selbst Social Media kopiert diesen Ansatz: Plattformen wie Tiktok bieten Inhalte in einer festen Reihenfolge, ähnlich wie das lineare Fernsehen. Den Nutzern macht es das leicht, denn sie müssen keine Entscheidungen treffen. „Und Entscheidungen sind anstrengend“, so der Forscher.

 

Die große Aufgabe für das Fernsehen sei es jetzt, sich auf diese Stärken zu besinnen. Mit „eventhaftem“ Content die Menschen am Bildschirm zu halten, mit den Entwicklungen in der Gesellschaft mitzugehen und die eigenen Besonderheiten herauszustellen. Und vor allem: weiterhin auf Überraschung zu setzen. Denn auch das gibt es nur im linearen TV. „Überraschung“, sagte Küppers, „bedeutet auch: emotionale Vorteile. Nutzen wir sie!“